06.11.2017 | 2017

Herausforderungen des hormonrezeptor-positiven Mammakarzinoms

Prof. Dr. med. Christian Jackisch, Direktor der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, Sana Klinik Offenbach GmbH

Überblick
Die endokrine adjuvante Therapie des Mammakarzinoms stellt die älteste Form der zielgerichteten Therapie dar. Bei Erstdiagnose werden mehr als 60 Prozent als hormonsensitive Karzinome eingestuft. Im letzten Jahr haben sich relevante Neuerungen zur optimalen Therapiedauer und Zusammensetzung der antihormonellen Therapie ergeben. So wird die adjuvante Therapie (Jahr 0-5) von der erweiterten adjuvanten Therapie (Jahr 6-10) unterschieden. Elementar für die Komposition der optimalen endokrinen Therapie ist die korrekte Festlegung des individuellen Rückfall-Risikos (at risk Konstellation), die mithilfe der Zuordnung zu den genotypischen Subtypen möglich ist. Für prämenopausale Patientinnen ist hier die Kombinationstherapie aus Tamoxifen oder Aromatasehemmer +/- ovarieller Suppression zu disponieren. In der Postmenopause erscheint die optimale Therapiesequenz in den ersten fünf Jahren aus einer Sequenz von Tamoxifen/Aromatasehemmer zu bestehen. Risikoadaptiert kann auch eine Monotherapie mit Tamoxifen oder einem Aromatasehemmer erfolgen. Für die erweiterte adjuvante Therapie sind eine erneute Re-Evaluation der Risikodisposition, die Verträglichkeit der adjuvanten Therapie und Erkenntnisse der Knochengesundheit von Relevanz.

Brustkrebs, als die häufigste Krebserkrankung der Frau, gehört zwischen dem 50. und dem 60. Lebensjahr zur Haupttodesursache in den westlichen Staaten. Bislang hat sich bei der adjuvanten endokrinen Therapie, im Gegensatz zur endokrinen Therapie des metastasierten Stadiums, keine neue Substanz als Standardtherapie durchgesetzt.

Prämenopausale Patientinnen
Eine fünfjährige Therapie mit Tamoxifen stellt den Therapiestandard dar [1]. Die Daten zur Dauer einer additiven ovariellen Suppression waren bisher nicht eindeutig. Mit der Veröffentlichung der Ergebnisse der SOFT-/TEXT-Studien 2014 und 2015 konnten nun mehrere Ungewissheiten geklärt werden [2, 3].

Indikation der ovariellen Suppression
Für die Gesamtpopulation ergibt sich kein Vorteil für eine Tamoxifen-Therapie in Kombination mit einer zusätzlichen ovariellen Suppression (90,7 Prozent vs. 91,3 Prozent fernrezidivfreies 5-Jahres-Überleben). Ein kleiner Vorteil ergibt sich für die Aromatasehemmer-Therapie in Kombination mit ovarieller Suppression (90,7 Prozent vs. 93,0 Prozent fernrezidivfreies Überleben in den Studien).
Patientinnen, die risikoadaptiert (low risk) keine adjuvante Chemotherapie erhielten, profitieren nicht von einer ovariellen Suppression. Das fernrezidivfreie (DFS) Überleben nach fünf Jahren betrug 98,6 Prozent unter Tamoxifen versus 98,7 Prozent unter Tamoxifen mit ovarieller Suppression und 99,3 Prozent mit ovarieller Suppression kombiniert mit einem Aromatasehemmer. Das DFS kann in diesem Kollektiv kaum weiter optimiert werden.

Im Gegensatz hierzu zeigen sich bei Patientinnen mit einem erhöhten Rückfallrisiko (at risk), die eine adjuvante Chemotherapie erhielten, danach innerhalb von acht Monaten noch einen prämenopausalen Hormonstatus aufweisen, profitieren von einer ovariellen Suppression in Kombination mit Tamoxifen oder mit einem Aromatasehemmer (fernrezidivfreies Überleben von 84,8 Prozent bzw. 87,8 Prozent im Vergleich 83,6 Prozent für Tamoxifen allein). Sehr junge Patientinnen (< 35 Jahre) zeigen den größten Nutzen einer ovariellen Suppression, sei es in Kombination mit Tamoxifen (krankheitsfreies 5-Jahres-Überleben bei 79 Prozent) oder noch mehr mit einem Aromatasehemmer (83 Prozent), im Vergleich zu Patientinnen, die nur mit Tamoxifen behandelt wurden (68 Prozent).

Optimale Therapiedauer
Die Therapiedauer in der TEXT- und SOFT-Studie betrug fünf Jahren. Die Möglichkeit einer verlängerten Gabe von Tamoxifen für die Dauer von zehn Jahren wurde in zwei Studien gegenüber der Standarddauer von fünf Jahren untersucht [4]. Sowohl in der ATLAS- (n = 15.244) als auch in der ATTOM-Studie (n = 6.953) wurden rezidivfreie Patientinnen nach abgeschlossener fünfjähriger Tamoxifen-Therapie, randomisiert entweder nachbeobachtet oder einer erneuten fünfjährigen Tamoxifentherapie zugeführt. Es wurden prä- und postmenopausale Patientinnen eingeschlossen. Beide Studien zeigten eine klare Reduktion der Rezidivrate in der Gruppe der erweiterten adjuvanten Therapie mit Tamoxifen. In der ATLAS-Studie zeigte sich, unabhängig vom Menopausenstatus, eine Rezidivreduktion um 25 Prozent nach zehn Jahren und eine Reduktion der Brustkrebsmortalität um 29 Prozent. Hat sich nach einer fünfjährigen Tamoxifentherapie eindeutig ein postmenopausaler Status eingestellt, so kann eine erweiterte endokrine Therapie mit Tamoxifen oder einem Aromatasehemmer erfolgen [5].

Postmenopausale Patientinnen
Bei der postmenopausalen Patientin sind Tamoxifen und Aromatasehmmer zugelassen. Eine Aromatasehemmer-Therapie für die Dauer von fünf Jahren ist gegenüber der fünfjährigen Tamoxifen-Therapie eine deutliche Überlegenheit für das krankheitsfreie und fernrezidivfreie Überleben [6 – 8].
Eine Kombination von Tamoxifen mit einem Aromatasehemmer in Sequenz über insgesamt fünf Jahre wurde ebenfalls in mehreren Studien untersucht. Auch hier wurde eine Verbesserung des rezidivfreien Überlebens im Kombinationsarm Tamoxifen (zwei bis drei Jahre), dann Aromatasehemmer (ebenfalls zwei bis drei Jahre), gegenüber der alleinigen Tamoxifen-Therapie gezeigt [9, 10]. Eine upfront Therapie mit einem Aromatasehemmer zeigt nur noch marginal Vorteile gegenüber dieser Sequenztherapie.

Erweiterte adjuvante Therapie
Für die Prämenopause stehen Tamoxifen und Aromatasehemmer zur Verfügung. In der Postmenopause finden sich nach einem Einsatz von Aromatasehemmern in den ersten fünf Jahren der adjuvanten Therapie nur noch marginale Vorteile durch eine erweiterte adjuvante Therapie mit einem Aromatasehemmer.

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Literatur

1.    Goldhirsch A, Winer EP, Coates AS et al.: Personalizing the treatment of women with early breast cancer: highlights of the
        St Gallen International Expert Consensus on the Primary Therapy of Early Breast Cancer 2013.
        Annals oncol 2013; 24(9): 2206–2223.

2.    Francis PA, Regan MM, Fleming GF, et al.: Adjuvant ovarian suppression in premenopausal breast cancer.
        N Engl J Med 2015; 372(5): 436–446.

3.    Pagani O, Regan MM, Francis PA: International Breast Cancer Study G. Exemestane with ovarian suppression in premenopausal
        breast cancer. N Engl J Med 2014; 371(14): 1358–1359.

4.    Davies C, Pan H, Godwin J et al.: Long-term effects of continuing adjuvant tamoxifen to 10 years versus stopping at 5 years after
        diagnosis of oestrogen receptor-positive breast cancer: ATLAS, a randomised trial. Lancet 2013; 381(9869): 805–816.

5.    Goss PE, Ingle JN, Pater JL et al.: Late extended juvant treatment with letrozole improves outcome in women with early-stage
        breast cancer who complete 5 years of tamoxifen. J Clin Oncol 2008; 26(12): 1948–1955.

6.     Cuzick J, Sestak I, Baum M , et al.: Effect of anastrozole and tamoxifen as adjuvant treatment for early-stage breast cancer:
         10-year analysis of the ATAC trial. The Lancet Oncology 2010; 11(12): 1135–1141.

7.     Regan MM, Neven P, Giobbie-Hurder A et al.: Assessment of letrozole and tamoxifen alone and in sequence for postmenopausal
         women with steroid hormone receptor-positive breast cancer: the BIG 1-98 randomised clinical trial at 8.1 years median
         follow-up. Lancet Oncology 2011; 12(12): 1101–1108.

8.     van de Velde CJ, Rea D, Seynaeve C et al.: Adjuvant tamoxifen and exemestane in early breast cancer (TEAM): a randomised
         phase 3 trial. Lancet. 2011; 377(9762): 321–331.

9.     Boccardo F, Guglielmini P, Bordonaro R et al.: Switching to anastrozole versus continued tamoxifen treatment of early breast
         cancer: long term results of the Italian Tamoxifen Anastrozole trial. Europ J Cancer 2013; 49(7): 1546–1554.

10.  Dubsky PC, Jakesz R, Mlineritsch B et al.: Tamoxifen and anastrozole as a sequencing strategy: a randomized controlled trial
         in postmenopausal patients with endocrine-responsive early breast cancer from the Austrian Breast and Colorectal Cancer
         Study Group. J Clin Oncol 2012; 30(7): 722–728.

11.  Coates AS, Winer EP, Goldhirsch A et al.: Tailoring therapies-improving the management of early breast cancer: St Gallen
         International Expert Consensus on the Primary Therapy of Early Breast Cancer 2015. Ann Oncol 2015; 26(8): 1533–1546.

Kontakt:
Prof. Dr. med. Christian Jackisch
Direktor
Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe
Sana Klinikum Offenbach
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63069 Offenbach
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