21.11.2018 | 2018

CDK 4/6-Inhibitoren für alle hormonrezeptor-positiven Patientinnen mit Fernmetastasen?

Prof. Dr. med. Wolfgang Janni, Direktor Frauenklinik, Universitätsklinikum Ulm

Leider kehrt Brustkrebs bei etwa einem Viertel bis zu einem Drittel der Patientinnen trotz aller modernen Behandlungsmethoden bei der Erstbehandlung wieder zurück. Auch wenn die Erkrankung bei Vorliegen von Metastasen in anderen Organen in der Regel nicht mehr geheilt werden kann, gelingt es bei vielen Frauen den Krebs über viele Jahre und manchmal Jahrzehnte zurückzudrängen. Bei einem hormonempfindlichen Tumor ist es dabei wichtig, möglichst lange auf eine Chemotherapie zu verzichten. Frauen profitieren davon, dass es immer mehr Medikamente gibt, die ohne Chemotherapie Metastasen bekämpfen und ohne Übelkeit und Haarausfall über Jahre ein Voranschreiten der Erkrankung verhindern.

Neue Medikamente wie sogenannte CDK4/6-Inhibitoren können die Wirksamkeit der antihormonellen Therapie verstärken und die Zeit bis zur Chemotherapie nahezu verdoppeln.  Bei mindestens zwei Drittel der Brustkrebspatientinnen liegt ein hormonempflindlicher Tumor vor (hormonrezeptor-positiv). Therapie der Wahl bei Patientinnen mit einem metastasierten hormonempflindlichen Mammakarzinom ist die antihormonelle, also endokrine Therapie, unabhängig davon, ob viszerale Metastasen vorhanden sind oder nicht. Leider erhalten jedoch viele Patientinnen auch ohne hohen Remissionsdruck primär eine Chemotherapie, obwohl sie von einer an Leitlinien orientierten endokrinen Therapie profitieren würden. Lediglich bei einem hohen Remissionsdruck mit viszeraler Krise, d. h. bei lebensbedrohlich symptomatischen Patientinnen, ist auch beim hormonempflindlichen Mammakarzinom eine Chemotherapie als Erstlinientherapie empfohlen.

CDK4/6-Inhibitoren regulieren letztlich die G1/S-Phasen-Transition, die die Zellen durchlaufen müssen, um sich zu teilen. Zu den oralen CDK4/6-Inhibitoren Palbociclib, Ribociclib und Abemaciclib existieren ausgedehnte Studienprogramme mit laufenden oder abgeschlossenen Studien zur Verbesserung der Wirksamkeit der endokrinen Therapie beim HR+/HER2-Mammakarzinom. Alle drei CDK4/6-Inhibitoren haben in prospektiv randomisierten Phase-III-Studien gezeigt, dass das progressionsfreie Überleben durch die Kombinationstherapie im Vergleich zur alleinigen endokrinen Therapie nahezu verdoppelt werden kann. Die relative Wirkungsverbesserung konnte sowohl in der Erstlinientherapie als auch in folgenden Therapielinien demonstriert werden. Die höhere Wirksamkeit bestätigte sich sowohl bei jungen, prämenopausalen, als auch bei postmenopausalen Patientinnen sowie bei Patientinnen mit viszeralen, wie auch rein ossären Fernmetastasen. Die Kommission Mamma der Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie e.V. (AGO), die jährlich eine aktualisierte Therapieempfehlung für die Behandlung des Mammakarzinoms erstellt, empfiehlt deshalb die Kombinationstherapie mit CDK4/6-Inhibitoren mit dem höchsten Empfehlungsgrad.

Es gibt wenige Krebserkrankungen, bei denen in den letzten Jahren auf so breiter Front Fortschritte erzielt wurden wie beim Brustkrebs. Auch wenn Globalisierung auf uns manchmal bedrohlich wirkt – beim medizinischen Fortschritt führt die enge Vernetzung der Wissenschaftler über alle Landesgrenzen hinweg zu einer nie da gewesenen Beschleunigung des medizinischen Fortschritts. Patientinnen in Deutschland profitieren durch Behandlungen, die dem aktuellen Stand der Forschung entsprechen, direkt davon. Nehmen Patientinnen selbst an einer Studie teil, profitieren sie meist selbst durch neue Behandlungsmöglichkeiten – und tun auch noch Gutes für zukünftige Patientinnen weltweit.

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Kontakt:

Prof. Dr. med. Wolfgang Janni 
Direktor Frauenklinik
Universitätsklinikum Ulm
Prittwitzstraße 43
89075 Ulm
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Internet: www.uniklinik-ulm.de/frauenheilkunde-und-geburtshilfe