Frauen mit erhöhtem Brustkrebs-Risiko: Welche Früherkennung raten wir?
Prof. Dr. med. Markus Peter Müller-Schimpfle, Mitglied des Kongresskomitees, Leiter des Brustzentrums, Schwerpunkt Diagnostik, Chefarzt der Klinik für Radiologie und Neuroradiologie, Schwerpunkt Radiologie am Klinikum Frankfurt Höchst
Vielfach sind es die jungen und prominenten Frauen, die an Brustkrebs erkrankt sind und im Mittelpunkt der Medienberichte stehen. Tatsächlich sind es nicht die jungen Frauen, die häufiger an Brustkrebs erkranken, vielmehr liegt das durchschnittliche Alter bei 64 Jahren. Für das Entstehen von Brustkrebs können viele Risikofaktoren in Frage kommen. Ob eine Frau, auf die bestimmte Faktoren zutreffen, überhaupt im Laufe Ihres Lebens erkrankt, darüber können keine zuverlässigen Voraussagen getroffen werden. Frauen, denen ihre Risikofaktoren bekannt sind, können immerhin besser einschätzen, wie wichtig Früherkennungsuntersuchungen für sie persönlich sind.
Familiäre Belastung und Brustkrebs
So können erbliche Faktoren vorliegen, wenn in der Familie mehrere nahe Verwandte an Brustkrebs erkrankt sind. Eine erbliche familiäre Belastung bei Brustkrebs ist relativ selten. Sie besteht nicht bereits, wenn eine Verwandte im hohen Alter an Brustkrebs erkrankt ist. Bei circa 10 von 100 an Brustkrebs erkrankten Frauen liegen aktuell bekannte genetische Veränderungen im Erbgut vor. Am besten untersucht sind bei diesen genetischen Veränderungen die Gene mit der Bezeichnung BRCA1 (Breast Cancer Gene / Brustkrebsgen) und BRCA2. Diese Veränderung wird mit einer statistischen Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent an die Nachkommen weitergegeben. Das heißt: Von zwei Frauen mit dieser genetischen Veränderung, die jeweils ein Kind bekommen, vererbt nur eine Frau diese genetische Veränderung für ein erhöhtes Brustkrebsrisiko an ihr Kind. Frauen mit familiärer Vorbelastung werden gezielt beraten und häufiger mit Mammographie, Ultraschall und Magnetresonanztomographie (MRT) untersucht als Frauen ohne familiäre Vorbelastung. Die MRT stellt bei diesen Frauen die Methode der ersten Wahl dar. Im Fall eines konkreten Verdachts auf Brustkrebs kann jedoch die Mammographie weiterhin als essentielles diagnostisches Verfahren bezeichnet werden, ergänzt durch den Ultraschall.
Früherkennung – abhängig von Alter und Risiko
Im Rahmen des gesetzlichen Früherkennungsprogrammes wird die ärztliche Tastuntersuchung angeboten. Zwar hat die alleinige Tastuntersuchung keinen Einfluss auf die Sterblichkeit an Brustkrebs; sie kann aber dazu beitragen, das Körperbewusstsein und das eigene Gefühl für die Brust zu verbessern. Die Brust-Ultraschalluntersuchung gilt nicht als Routine-Früherkennungsmethode. Sie wird bei jungen Frauen mit Symptomen, ab 40 Jahren mit einem dichten Brustgewebe, und in jedem Alter bei unklaren Mammographie-Ergebnissen eingesetzt. Der Nutzen ist im Sinne einer evidenzbasierten Medizin auf der Grundlage einer nachgewiesenen Wirksamkeit nicht belegt, da es keine entsprechenden Studien gibt. Der Nutzen einer Untersuchung im Rahmen von Früherkennungsuntersuchungen von Brustkrebs gilt dann als belegt, wenn die Anzahl der Frauen, die an Brustkrebs versterben, durch die jeweilige Untersuchung gesenkt werden kann. Auch MRT eignet sich zum bevölkerungsbezogenen Screening von Brustkrebs nicht.
Frauen im Alter zwischen 50 und 69 Jahren erhalten eine schriftliche Einladung für eine qualitätsgesicherte Mammographie innerhalb einer Mammographie-Reihenuntersuchung, ohne dass bei diesen Frauen ein Verdacht auf eine Brustkrebserkrankung besteht. Die Teilnahme am Mammographie-Screening-Programm ist freiwillig. Der Nutzen ist im Sinne der evidenzbasierten Medizin auf der Grundlage nachgewiesener Wirksamkeit belegt. Eine sogenannte kurative Mammographie hingegen ist nur bei einem Verdacht auf eine Brusterkrankung gerechtfertigt.
Grundsätzlich wird bei jüngerem Alter eher der Ultraschall, bei höherem Risiko eher die MRT und bei fortschreitendem Alter eher die Mammographie und hier vor allem die 3D-Mammographie (= Tomosynthese) zu nennen sein.
Besondere Beratung für Frauen mit intermediärem Brustkrebsrisiko
Während es für die Gesamtheit aller Frauen sowie für die Hochrisikogruppe leitlinienbasierte Früherkennungsempfehlungen gibt, fehlen diese für Frauen mit intermediärem Brustkrebsrisiko. Bei ihnen kommt eine operative Prophylaxe nicht in Frage, so dass der diagnostische Schwerpunkt mittels bildgebender Verfahren (Ultraschall, Mammographie, MRT) erfolgt. Dadurch werden bei Frauen mit intermediärem Risiko vermehrt falsch-positive – aber auch falsch-negative Befunde erhoben.
Daher ist für Frauen mit einer eindeutigen familiären Risikokonstellation, aber ohne BRCA1/2 – Nachweis, die Beratung zur bestmöglichen Wahl und Kombination aller zur Verfügung stehenden Modalitäten besonders wichtig.
Welche bildgebenden Methoden zur Brustkrebs-Früherkennung nach sorgfältigem Abwägen und in Absprache mit der Patientin empfohlen werden, versucht die untenstehende Matrix aufzuzeigen.
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Kontakt:
Prof. Dr. med. Markus Peter Müller-Schimpfle
Klinik für Radiologie, Neuroradiologie und Nuklearmedizin Klinikum Frankfurt Höchst GmbH
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