01.08.2018 | 2018

Intraoperativer Ultraschall für Alle?

Prof. Dr. med. Markus Hahn, Leitender Oberarzt Senologie, Department für Frauengesundheit, Universitäts-Frauenklinik Tübingen
Dr. med. Mario Marx, Chefarzt der Klinik für Plastische, Rekonstruktive und Brustchirurgie, Elblandklinikum Radebeul, Leiter des Standortes Radebeul als Kooperationspartner des Regionalen Brustzentrums Dresden

Bildgebende Verfahren sind von elementarer Bedeutung für die Erkennung, Therapie und Nachsorge des Mammakarzinoms. Vor diesem Hintergrund ist es verständlich, dass bildgebende Verfahren auch im Operationssaal eingesetzt werden. Dabei werden die Röntgenuntersuchung und die Sonografie genutzt, um vor der Operation Tumore mit Markierungsdrähten für die Operateure zu markieren. Der Draht wird in lokaler Betäubung vor der Operation unter Röntgen- oder Ultraschallsicht durch die Haut in den Tumor eingebracht. Orientierend am Draht wird der Tumor während der Operation nur durch Tasten quasi „blind“ erkannt und entfernt. Nach der Entfernung wird das entnommene Gewebe, das den Tumor und den Draht enthält, mittels Röntgen oder Ultraschall untersucht. Diese bildgebende Untersuchung dient dazu, zu erkennen, ob der Tumor komplett erfasst worden ist. Sollte der Tumor nicht oder nur unvollständig erfasst worden sein, muss in der gleichen oder in einer folgenden zweiten Operation noch mehr Gewebe entnommen werden, um die komplette Tumorentfernung sicherzustellen.

Der Moderne Einsatz des Ultraschalls direkt während der Operation kann dabei helfen, diese Zweiteingriffe zu vermeiden. Neuere Arbeiten zeigen (z.B. Krekel et al.), dass der Einsatz des Ultraschalls direkt am Operationstisch die Genauigkeit der primären Operation noch erhöhen kann. Der Tumor wird während der Operation nicht nur getastet, sondern mittels Ultraschall gesehen. Ein „blindes“ Schneiden wird damit umgangen. Durch die direkte Visualisierung des Tumors während der Operation kann das zu entnehmende Gewebevolumen exakt geplant werden. Der Tumor liegt zentral in dem entnommenen Gewebeblock, das Entnahmevolumen wird optimiert. Die Wahrscheinlichkeit, dass Tumorausläufer nicht komplett entfernt worden sind, wird damit minimiert.

Die Arbeitsgruppe des Universitäts-Brustzentrums Tübingen in Kooperation mit der Deutschen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin e.V. (DEGUM) führt eine prospektiv randomisierte Studienreihe zu diesem Thema durch. Im Rahmen dieser Studienreihe wird aktuell eine neue Operationstechnik mittels Ultraschall überprüft. Der Ultraschall wird dabei als Messlineal zur Tumorentfernung eingesetzt. Dadurch können die Gewebeareale, die entfernt werden müssen, exakt ausgemessen werden. In einer Vorabstudie konnte die Tübinger Arbeitsgruppe bereits zeigen, dass der intraoperative Ultraschall die Raten der kompletten Tumorentfernung bereits bei der Erstoperation im Vergleich zur Kontrollgruppe ohne Ultraschall signifikant erhöht.

In diesem Zusammenhang ist es auch von Bedeutung zu erwähnen, dass nur die Operateure den intraoperativen Ultraschall anbieten können, die im Bereich der Sonografie geschult worden sind. Die meisten Mammaoperateure in Deutschland sind Gynäkologen, die bereits in ihrer Facharztausbildung den Ultraschall frühzeitig und intensiv gelernt haben. Dadurch ist es möglich, diese Technik relativ leicht in die klinische Routine zu übertragen. Und trotzdem: Nach einer Umfrage des Arbeitskreises Mammasonografie der DEGUM haben nur 54 Prozent der Operateure Erfahrung im Einsatz des intraoperativen Ultraschalls. Dieses Ergebnis zeigt die Bedeutung der kontinuierlichen und interdisziplinären Fortbildung im Bereich der Senologie, um unseren Patientinnen innovative Techniken flächendeckend anbieten zu können.

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Kontakt: 

Prof. Dr. med. Markus Hahn
Leitender Oberarzt Senologie 
Universitäts-Frauenklinik Tübingen
Department für Frauengesundheit
Calwerstr. 7
72076 Tübingen
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Internet: www.uni-frauenklinik-tuebingen.de