Ist die Brustrekonstruktion in der präpektoralen Implantatlage eine Alternative zur retropektoralen Lage?
Dr. med. Stefan Paepke, Leitender Oberarzt Senologie, Brustzentrum des Universitätsklinikum Rechts der Isar der Technischen Universität München (TUM)
Prof. Dr. med. Markus Hahn, Leitender Oberarzt Senologie, Department für Frauengesundheit, Universitätsklinikum Tübingen
Implantatbasierte Techniken machen in Europa ca. 40 bis 60 % und in den USA ca. 75 % aller Brustrekonstruktionen aus. So verwundert es nicht, dass in den interdisziplinär gestalteten Themenrunden um die implantatbasierte Mammachirurgie Modifikationen der implantatbasierten Rekonstruktion diskutiert werden. Festgelegt ist die Operationsdurchführung der subkutanen Mastektomie in den anatomisch korrekten Grenzen und die Art und Weise, wie das Implantatbett optimal gestaltbar ist. Indikation und Patientinnenselektion sowie eine anatomisch korrekte Präparationstechnik mit Nutzung der intraoperativen Sonografie zur präzisen Operationsdurchführung sind die Garanten komplikationsarmer, kosmetisch zufriedenstellender Operationen. Als die bisherige Standardmethode der implantatbasierten Rekonstruktion gilt die subpektorale Implantateinlage entweder mit ausschließlicher Hautbedeckung (zumeist als Zwischenlösung bis zur Festlegung der definitiven Rekonstruktion), kompletter Muskelbedeckung, mit dual-planen Methoden mit deepithelisiertem Corium-Flap, caudo-lateraler Interponation einer azellulären Matrix oder eines synthetischen Netzes (AGO-Empfehlungen 2011-2019 +).
Eine Vielzahl von zum Teil beachtlichen Einschränkungen der Lebensqualität sind jedoch durch die subpektorale Implantatpositionierung bedingt: Neben der Schmerzsituation und Veränderung der Körperfunktion in diesem Bereich sind dies vor allem die z. T. unnatürliche Brustform und das „jumping-Breast“-Phänomen.
So nimmt nach unserer Erfahrung die präpektorale materialunterstützte Implantateinlage nach ersten Überlegungen und Operationen insgesamt kontinuierlich zu. Für diese operative Situation gibt es optimal für die präpektorale Implantatpositionierung präformierte Materialunterstützung durch nicht-resorbierbare und resorbierbare synthetische Netzmaterialien (Tiloop®Bra Pocket, TIGR-Matrix) sowie azelluläre dermale Matrices porcinen, bovinen oder humanen Ursprungs.
Die Autoren dieses Diskussionsbeitrags nutzen Gewebematrices und synthetische Netze für die Abdeckung präpektoral gelegter Implantate. Fasst man die Überlegungen zur individuellen Entscheidung für eine präpektorale Implantateinlage aus der Sicht der Autoren zusammen, finden sich folgende Faktoren: Aus Sicht der Patientin steht natürlich ihr eigener Wunsch im Vordergrund. Objektivere Merkmale wären auf der einen Seite die sportliche, nicht-rauchende Patientin mit einem BMI < 35, einer strafferen oder wenig laxen Haut ohne Striae distensae oder laufender systemischer Kortisondauertherapie, mit geringer oder moderater Ptosis und einem Resektionsgewicht unter 500 g. Auf der anderen Seite können aber auch Patientinnen mit einem Drüsenkörper in der Subinvolution und einem sehr flachen Dekolleté, das durch die submuskuläre Implantateinlage überakzentuiert rekonstruiert werden würde, durch eine präpektorale Implantateinlage profitieren. Entscheidungskriterien für die Operationsplanung präpektoral wären eine gute Hautmanteldicke mit subkutaner Fettlammelle, die in allen Quadranten eine gute Implantatabdeckung gewährleistet und das Risiko einer späteren Dellen- oder Defektbildung als gering vermuten lässt, sowie eine uneingeschränkte Hautmantelperfusion. Diese Kriterien sind zugestandenermaßen eher weich und lassen keine ganz klare Präferenz zu. Es bleibt daher eine Frage der operativen Erfahrung in Verbindung mit einer individuellen Lernkurve, die die Beratung der Patientin mit steuern wird.
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Financial Disclosure Statement
Die Autoren geben Interessenkonflikte (Honorartätigkeit, Reise- und Kongressunterstützung, Unterstützung wissenschaftlicher Veranstaltungen) an.
Kontakt:
Dr. med. Stefan Paepke
Leitender Oberarzt Senologie
Brustzentrum des Universitätsklinikums Rechts der Isar
Technische Universität München (TUM)
Ismaninger Str. 22
81675 München
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Internet: www.frauenklinik.med.tum.de/node/388