04.09.2017 | 2017

Mammografie-Screening in Deutschland

PD Dr. med. Ute Kettritz, Radiologische Praxis und Screening-Einheit Berlin 01

Brustkrebs ist die häufigste Krebserkrankung bei Frauen. Wie in anderen zivilisierten Ländern wird auch in Deutschland jede neunte Frau im Laufe ihres Lebens an Brustkrebs erkranken. Durch die medizinischen Entwicklungen der letzten Jahre hat die Erkrankung viel von ihrem Schrecken verloren, es gibt inzwischen sehr gute Heilungschancen. Das ist zum einen modernen Therapiemöglichkeiten geschuldet, darüber hinaus jedoch auch vom Tumorstadium abhängig, das bei der Entdeckung der Krankheit vorliegt.

Vor diesem Hintergrund gibt es seit vielen Jahren weltweit Früherkennungsprogramme. In der Altersgruppe der 50 bis 69-Jährigen, bei denen die Krankheit am häufigsten auftritt, ist die Mammografie die einzige Methode, die bei regelmäßiger Untersuchung und ausreichender Qualitätssicherung in groß angelegten Studien zu einer Senkung der Brustkrebssterblichkeit geführt hat. Dabei hat sich bestätigt, dass die Heilungschancen umso höher sind, je früher die Tumorerkrankung entdeckt wird.

In Deutschland wurde 2002 vom Bundestag die Einführung eines flächendeckenden Mammografie-Screenings beschlossen. 2005 begannen die ersten Screening-Einheiten ihre Arbeit, seit 2009 stehen flächendeckend für die über 10 Millionen anspruchsberechtigten Frauen in dieser Altersgruppe regionale Screening-Einheiten zur Verfügung. Das Deutsche Mammografie-Screening-Programm hat sich von Anfang an sehr eng an den Empfehlungen der Europäischen Union orientiert. Diese hatte 2003 ausdrücklich die Einführung eines Mammografie-Screenings in allen europäischen Ländern empfohlen.

Was bedeutet Mammografie-Screening in Deutschland? Alle Frauen in der Altersgruppe 50 bis 69 Jahre werden in zweijährigem Abstand zu einer Mammografie eingeladen. Die Einladung erfolgt per Brief unter Nutzung der Meldedaten und unabhängig vom Versichertenstatus. Jede Frau erhält eine Mammografie jeder Brust in zwei Ebenen, diese Mammografie wird danach von zwei unabhängigen, speziell geschulten Radiologen oder Gynäkologen beurteilt. Bei Unklarheiten oder verdächtigen Befunden wird ein dritter Arzt hinzugezogen. Gemeinsam wird darüber entschieden, ob die Frau zum Ausschluss von bösartigen Veränderungen noch einmal zu ergänzenden Untersuchungsmethoden in die Screening-Einheit eingeladen wird. Dort stehen mammografische Spezialverfahren, Ultraschalluntersuchungen, kernspintomografische Untersuchungen und ambulante Verfahren zur Gewinnung von Gewebeproben zur Verfügung. Die Gerätetechnik muss modernen Ansprüchen entsprechen, die Qualität der Ärzte und Röntgenassistentinnen wird durch spezielle Schulungen und regelmäßige Prüfungen und Fortbildungsmaßnahmen gewährleistet.

Trotz aller Vorteile gibt es im Mammografie-Screening auch nachteilige Effekte. Für manche Frauen sind die Untersuchung an sich und die Beschäftigung mit dem Thema Brustkrebs mit negativen Gefühlen verbunden. Auch die Einladung zu ergänzenden Untersuchungen, die bei 80 Prozent der nochmals eingeladenen Frauen zur Mitteilung eines unauffälligen Befundes führt, kann Ängste auslösen. Nur durch sachliche Aufklärung ist es möglich, den betreffenden Frauen das Verhältnis von Nutzen und Risiken klar zu machen.

Die WHO hat im Jahre 2015 im renommierten Fachjournal New England Journal of Medicine zum Verhältnis von Nutzen und Risiko im Rahmen des Mammografie-Screenings Stellung genommen*. Internationale Experten kamen nach Auswertung von 40 anerkannten Studien aus verschiedenen Ländern zu dem Schluss, dass bei regelmäßiger Teilnahme in einem flächendeckenden, qualitätsgesicherten Screening-Programm der Nutzen eindeutig die Risiken überwiegt.

Die Teilnahme am Mammografie-Screening ist freiwillig und alle Beteiligten am Programm wünschen sich, dass ausreichend informierte Frauen das Früherkennungsangebot wahrnehmen.

Die Informationsveranstaltung im Rahmen der 37. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Senologie e. V. 2017 in Berlin, bietet eine gute Gelegenheit über das Screening-Programm mit allen Facetten zu informieren und möglicherweise bestehende Fragen zu beantworten.

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N Engl J Med. 2015 Jun 11;372(24):2353-8.
Breast-cancer screening--viewpoint of the IARC Working Group.
Lauby-Secretan B, Scoccianti C, Loomis D, Benbrahim-Tallaa L, Bouvard V, Bianchini F, Straif K; International Agency for Research on Cancer Handbook Working Group.

Kontakt:
PD Dr. med. Ute Kettritz
Radiologische Praxis und Screening-Einheit Berlin 01
Kapweg 3
13405 Berlin
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Internet: www.radiologie-kapweg.de