Molekulare Analysen bei Brustkrebspatientinnen – Implementierung in die tägliche Praxis
Prof. Dr. med. Peter A. Fasching, Oberarzt, Frauenklinik, Universitätsklinikum Erlangen, Universitäts-Brustzentrum Erlangen, Comprehensive Cancer Center Erlangen-Europäische Metropolregion Nürnberg (CCC ER-EMN)
Prof. Dr. med. Arndt Hartmann, Direktor, Universitätsklinikum Erlangen Pathologisches Institut
Idealerweise müsste sich eine Therapieplanung immer an Patientinnen- oder Tumoreigenschaften orientieren, die anzeigen, bei welchen Patientinnen eine Therapie besonders wirksam ist und bei welchen Patientinnen dies nicht der Fall ist. Zusätzlich wäre es wünschenswert, wenn man darüber hinaus noch vorhersagen könnte, bei welchen Patientinnen mit besonders schlimmen Nebenwirkungen zu rechnen ist und bei welchen nicht. An diesem Konzept ist in den letzten Jahren mit Nachdruck gearbeitet worden. Auch wenn nicht behauptet werden kann, dass für Brustkrebspatientinnen eine solche Therapie schon umfassend eingeführt wurde, so gibt es doch aus der Vergangenheit zwei sehr erfolgreiche Beispiele für dieses Prinzip, nämlich die Prädiktion der Wirksamkeit von anti-HER2-Therapien mittels der Bestimmung der HER2-Expression und -Amplifikation sowie die Prädiktion der Wirksamkeit von anti-endokrinen Therapien durch die Bestimmung der Expression des Östrogen- und des Progesteronrezeptors am Tumor. Neuerdings sind drei weitere Beispiele hinzugekommen:
Für Patientinnen mit einer Keimbahnmutation in den Genen BRCA1 oder BRCA2 und einem HER2-negativen, fortgeschrittenen Mammakarzinom konnte gezeigt werden, dass eine Therapie mit den PARP-Inhibitoren Olaparib oder Talazoparib das progressionsfreie Überleben verlängern kann.1,2 Olaparib ist bereits für diese Patientinnenpopulation in Deutschland zugelassen und eine Zulassung für Talazoparib wird in naher Zukunft erwartet.
Ein weiteres neueres Beispiel ist der PI3K-Inhibitor Alpelisib, welcher in den USA bereits zugelassen ist. Bei Patientinnen mit einem HER2-negativen, hormonrezeptor-positiven und fortgeschrittenen Mammakarzinom, welches aufgrund des klinischen Verhaltens als resistent für eine anti-endokrine Therapie angesehen werden konnte, war eine Mutation im Gen PIK3CA prädiktiv für die Wirksamkeit einer Kombinationstherapie aus Fulvestrant und Alpelisib. In der Patientinnen-Gruppe ohne eine solche Tumor-Mutation zeigte sich kein Effekt der Therapie, während bei Patientinnen mit einer Mutation das progressionsfreie Überleben durch die Hinzunahme von Alpelisib verlängert werden konnte.3
Zuletzt ist auch eine Immuntherapie mit einem Antikörper gegen PD-L1 in Kombination mit einer Chemotherapie zugelassen worden. Bei Patientinnen mit einem fortgeschrittenen tripel-negativen Mammakarzinom konnte in der ersten Therapielinie ein Vorteil für das Gesamtüberleben nachgewiesen werden, wenn die Immunzellen der Tumore eine Expression für PD-L1 gezeigt hatten, nicht aber, wenn diese Expression nicht nachgewiesen werden konnte.4
Diese drei Beispiele zeigen, dass die Testung auf Keimbahnmutationen in BRCA1 und BRCA2 schon jetzt und die Testung auf Tumormutationen in PIK3CA sowie die Immunhistochemie für PD-L1 schon ganz bald integraler Bestandteil der täglichen Praxis sein werden.
Bei angenommenen 13.000 Patientinnen mit einer neu aufgetretenen Metastasierung und HER2-Negativität wird die Testung auf BRCA1- und BRCA2-Mutation in diesem Kollektiv vor neue Herausforderungen gestellt. In den Therapieempfehlungen der AGO-Mamma wird allen Patientinnen mit einer therapeutischen Konsequenz eine Testung auf BRCA1 und BRCA2 zugesprochen. Hierfür sind in den Versorgungsregionen der Zentren für familiären Brust- und Eierstockkrebs hervorragende Grundvoraussetzungen gegeben. Besonders herausfordernd ist allerdings, dass bei einer therapeutischen Konsequenz die Rückmeldung über ein Testergebnis innerhalb von wenigen Tagen erfolgen sollte, um eine Therapieentscheidung nicht zu gefährden. Bei Patientinnen, die mit Olaparib in der OlympiaD-Studie behandelt wurden, zeigte sich ein Gesamt-Überlebensvorteil nur bei Erstlinientherapie5, sodass bei der Erstvorstellung der Patientin mit Metastasen ein Testergebnis umgehend benötigt wird. Hier wird sich in den nächsten Monaten mit Sicherheit eine Umstellung der Test- und Beratungspraxis ergeben, um diesen Ansprüchen gerecht werden zu können.
In Bezug auf die Tumormutation von PIK3CA kann bei der Testung auf die bestehenden Infrastrukturen der Molekularpathologie im Rahmen von Mutationstestungen an Tumoren zurückgegriffen werden. Diese Tests werden dann durch den Pathologen durchgeführt. Eine Besonderheit ist, dass die SOLAR-1-Studie gezeigt hat, dass durch eine Mutationstestung im Blut ebenso eine Population von Patientinnen identifiziert werden konnte, die von einer Therapie mit Alpelisib profitieren.3 Die Testung von Mutationen an sogenannter zirkulierender Tumor-DNA ist mit Sicherheit ein Novum in der Behandlung von Patientinnen mit Mammakarzinom. Des Weiteren stehen auch mehrere Testverfahren zur Verfügung. Während in vielen Krebszentren die Tumortestung auf Mutationen in Panel-Genen bereits mit Methoden der Next-Generation-Sequenzierung etabliert ist, wurde in den USA die Indikation auch an einen PCR-basierten Test als sogenanntes Companion-Diagnostikum gekoppelt. Dieser Test ermöglicht die Testung auf Mutationen in PIK3CA mit der günstigeren PCR-Methode. Welche Verfahren sensitiver oder besser in die Praxis zu implementieren sind, ist momentan Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen.
Bei der Testung auf PD-L1 für eine Therapie mit Atezolizumab handelt es sich um eine immunhistochemische Untersuchung. Checkpoint-Inhibitoren werden momentan durch mehrere Firmen bei einer Vielzahl von Tumorentitäten entwickelt. Einige dieser Medikamente richten sich gegen PD-L1, andere auf den Rezeptor PD-1. Genauso gibt es auch verschiedene Testverfahren, um zu unterscheiden, welche Tumore für eine Therapie mit den entsprechenden Antikörpern geeignet sind. Bei manchen Tumoren braucht man anscheinend keine Testung. Beim Mammakarzinom konnte nun gezeigt werden, dass eine Testung der Immunzellen auf PD-L1 prädiktiv für die Wirksamkeit ist. In der Impassion130-Studie wurde dies mit dem Antikörper SP142 geprüft. Momentan ist Gegenstand von Untersuchungen, ob auch andere Antikörper die Wirksamkeit sicher vorhersagen können. Beim PD-1-Antikörper sind ebenfalls bald Studiendaten zu erwarten. Anders als bei Atezolizumab wird hier die Wirksamkeit durch die zusätzliche Expression von PDL-1 auf Tumorzellen beurteilt. Unklar ist jedoch, ob das Mammakarzinom eine Tumorentität ist, die eine solche Vorhersage bei Pembrolizumab braucht. Die Vielzahl der Antikörper und der Testmethoden sind sicher eine Herausforderung bei der Implementierung der richtigen Tests für eine Therapie. Hier bedarf es einer qualitätsgestützten und durch Ringversuche validierten Diagnostik in der Pathologie und weiterer Studien, die zeigen müssen, wie die Diagnostik das Ansprechen auf die verschiedenen PD-1/PD-L1-Antikörper in unterschiedlichen Tumorentitäten vorhersagen kann.
1. Litton, J. K. et al. Talazoparib in Patients with Advanced Breast Cancer and a Germline BRCA Mutation. N Engl J Med 379, 753-763, doi:10.1056/NEJMoa1802905 (2018).
2. Robson, M. et al. Olaparib for Metastatic Breast Cancer in Patients with a Germline BRCA Mutation. N Engl J Med 377, 523-533, doi:10.1056/NEJMoa1706450 (2017).
3. Andre, F. et al. Alpelisib for PIK3CA-Mutated, Hormone Receptor-Positive Advanced Breast Cancer. N Engl J Med 380, 1929-1940, doi:10.1056/NEJMoa1813904 (2019).
4. Schmid, P. et al. Atezolizumab and Nab-Paclitaxel in Advanced Triple-Negative Breast Cancer. N Engl J Med 379, 2108-2121, doi:10.1056/NEJMoa1809615 (2018).
5. Robson, M. E. et al. OlympiAD final overall survival and tolerability results: Olaparib versus chemotherapy treatment of physician's choice in patients with a germline BRCA mutation and HER2-negative metastatic breast cancer. Ann Oncol 30, 558-566, doi:10.1093/annonc/mdz012 (2019).
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