Fehlerquellen bei minimalinvasiven Interventionen der Brust

... und wie man sie umgehen kann!

M. Hahn, C. Gall, A. Baur, S. Grunwald, R. Ohlinger, S. Paepke, U. Peisker, K. C. Siegmann, D. Wallwiener, PD Dr. med. U. Krainick-Strobel,

Arbeitsgemeinschaft Minimalinvasive Mammainterventionen (AG MiMi) der Deutschen Gesellschaft für Senologie.

Brustkrebsfrüherkennung und Mammographie-Screening haben ein gemeinsames Ziel: die Detektion von malignen Befunden in der Brust im Frühstadium. Bildgebende Verfahren sowie die klinische Untersuchung erlauben aber nur eine indirekte Aussage über die Dignität eines Befundes. Zum sicheren Ausschluss eines Malignoms ist eine histologische Sicherung notwendig.

Die offene Biopsie zur Diagnosefindung ist in den vergangenen Jahren immer mehr in den Hintergrund gerückt und wurde durch minimalinvasive Techniken ersetzt. Diese minimalinvasiven Interventionen sind wenig traumatisierende Eingriffe, die große Sicherheit bieten können. Die Verfahren werden ambulant in Lokalanästhesie durchgeführt. Eine störende cutane Narbe tritt nicht auf.

Um eine hohe diagnostische Sicherheit bieten zu können, müssen Struktur- und Prozessqualität gewährleistet sein. In diesem Beitrag werden Fehlerquellen bei minimalinvasiven Interventionen dargestellt. Es soll dem Leser geholfen werden, diese Fehler zu vermeiden. Ein Anspruch auf Vollständigkeit besteht nicht.

Fehlerquellen vor der Biopsie

Bevor man mit der eigentlichen Biopsie beginnt, sollte man die bildgebenden Befunde nochmals kritisch überprüfen. Handelt es sich um einen oder mehrere Befunde? Korrelieren die Befunde in Mammographie, Sonographie und evt. MRT miteinander? Sind die Befunde nach Dignität (BIRADS) eingestuft worden? Besteht eine familiäre Belastung? Wie sieht der klinische Befund aus? Wurde die Patientin schon einmal biopsiert? Ist eine Biopsie überhaupt indiziert?

Besteht nach Abschluss der Befundung eine Biopsieindikation, sollte zur bildgebenden Kontrolle während der Biopsie ein Verfahren genutzt werden, dass den Befund sicher reproduzieren und in 2 Ebenen darstellen kann? Stehen mehrere Verfahren zur Auswahl, sind Patientenkomfort, Strahlenexposition, Invasivität des Verfahrens sowie die Kosten zu berücksichtigen.

Bei der Auswahl der geeigneten Biopsietechnik ist zwischen der Stanzbiopsie (SB) und der Vakuumbiopsie (VB) zu unterscheiden (Abb. 1). Dabei gilt es die Balance zwischen sicherer Gewebegewinnung und minimaler Traumatisierung zu finden. So ist z. B. für die Biopsie eines 15 mm messenden sonographisch suspekten Herdes eine SB mit 14G Nadeldurchmesser vollkommen ausreichend. Um jedoch die Abklärung eines nur 5 mm messenden Mikrokalkareals sicher durchzuführen, ist der Einsatz einer 11G-Vakuumbiopsienadel indiziert. Der Grund dafür liegt in der größeren Gewebemenge, die mit der VB gewonnen werden kann. Die VB ist für diagnostische Exzisionen von Befunden bis 20 mm Durchmesser geeignet [1, 2]. Durch die partielle Entfernung des Befundes ist eine repräsentative Biopsie bewiesen. Dies leistet die SB nicht. Um eine klare Übersicht über Biopsietechniken, Indikationen und Nadelstärken zu erhalten, sei auf die S3-Leitlinie zur Brustkrebsfrüherkennung und die Konsensusempfehlungen zur stereotaktischen und ultraschallgesteuerten VB hingewiesen [3-5].

Ist die Indikation zur Re-Biopsie wegen nicht repräsentativer Vorbiopsie gegeben, so sollten diese Befunde mit einer großvolumigen Nadel (> 11G) biopsiert werden. Dabei ist es sinnvoll, das Stufenschema "Stanzbiopsie - Vakuumbiopsie - offene Biopsie" zu beachten (Abb. 2).

Abb. 1: Biopsienadeln im Größenvergleich Abb. 2: Das Stufenschema (FNA: Feinnadelaspiration)

Bevor man ein Biopsiegerät einsetzt, sollte man sich täglich von seinem technisch einwandfreien Zustand überzeugen. Die Eindringtiefe der SB kann z. B. bei dem System von Bard zwischen 15 mm und 22 mm gewählt werden. Beachten Sie die Einstellung, um Komplikationen zu vermeiden. Weiter unterliegen die Geräte einem Alterungsprozess. Sollte die Spannfeder nicht mehr die notwendige Kraft für die Biopsie aufbringen und sich dadurch die Zylinderqualität verschlechtern, ist das Gerät auszutauschen bzw. durch den Hersteller zu warten. Bei Einsatz der VB sind vor dem Eingriff der Nadelvorlauf sowie der Aufbau des Vakuums zu kontrollieren. Ein Testlauf ist sinnvoll. Dadurch vermeidet man einen Gerätedefekt erst dann zu erkennen, wenn die Nadel bereits in der Brust positioniert wurde.

Vor stereotaktischen Eingriffen muss das Stereotaxiegerät über eine "Target Verification" mit Phantom auf die exakte Zieleinstellung der Koordinaten überprüfet werden. Wird das Biopsiegerät am Stereotaxietisch gewechselt oder kommt das Gerät eines anderen Herstellers zur Anwendung, müssen die Referenzkoordinaten angepasst werden, um Fehlpunktionen zu vermeiden.

Die Indikationsstellung vor stereotaktischen Eingriffen ist genau zu überprüfen. Thoraxwand- und axillanahe Befunde lassen sich technisch bedingt schwer oder gar nicht einstellen. Haut- und detektornahe Befunde können ebenfalls mit der stereotaktischen VB nicht immer punktiert werden. Die richtige präinterventionelle Planung kann in diesen Fällen eine unnötige Strahlenexposition vermeiden.

Die Position des Operateurs ist bei sonographischen Biopsien so zu wählen, dass die Biopsie in entspannter Körperhaltung mit guter Sicht auf den Monitor durchgeführt werden kann. Dabei hat sich die Biopsie auf ipsilateraler Seite in der Praxis bewährt. Darum sollte die Untersuchungsliege von beiden Seiten zugänglich sein. Durch die Aufstellung des Ultraschallmonitors auf kontralateraler Seite wird eine entspannte Sicht auf den Bildschirm möglich. Der "Schulterblick" auf den Monitor ist zu vermeiden. Die Sitzposition des Operateurs ist so zu wählen, dass man beim Eingehen mit der Nadel in die Brust das Biopsiegerät parallel zur Thoraxwand führt. Durch die tiefe Sitzposition in "Brust-zu-Brust-Höhe" wird das zu steile Eingehen mit der Nadel, mit der Gefahr einer Traumatisierung des Thorax, verhindert (Abb. 3).

Abb. 3: "Brust-zu-Brust-Höhe"

Eine ergonomisch günstige Haltung des Biopsiegerätes in der Hand kann das biopsieren vereinfachen. Als Anfänger sollte man sich die Zeit nehmen und die individuell komfortabelste Haltung des Biopsiegerätes herausfinden. Tipps dazu gibt es auch in den Kursen zur minimalinvasiven Diagnostik der AG MiMi (www.senologie.org).

Die richtige Lagerung der Patientin kann die Punktion deutlich vereinfachen. Bei der sonographischen Punktion sollte die Patientin auf dem Rücken liegen, möglichst nahe am Rand der Untersuchungsliege. Ist man während der Biopsie gezwungen die Nadel nach dorsal zu kippen, wird man so nicht durch die Untersuchungsliege behindert. Gerade bei voluminösen, ptotischen Brüsten, die gewöhnlich nach lateral "abkippen", ist folgende Lagerungstechnik empfehlenswert: man bittet die Patientin sich mit dem ipsilateralen Arm an der kontralateralen oberen Ecke der Untersuchungsliege festzuhalten. Der Oberkörper rotiert dann automatisch zur kontralateralen Seite und die Brust liegt optimal medialisiert. Legt man ein Kissen unter den Rücken der Patientin, vereinfacht dies das weitere Prozedere.

Direkt vor der Biopsie sollte man sich davon überzeugen, dass alle notwendigen Hilfsmittel wie Tupfer, Pinzette usw. bereitliegen, sodass ein fließender Eingriff möglich ist.

Die Verdachtsdiagnose Brustkrebs ist für die Patientinnen sehr belastend. Sie befinden sich in einer Stresssituation. Um Verwechslungen zu vermeiden, empfiehlt es sich, vor der Biopsie nochmals gezielt den Namen und Vornamen zu erfragen.

Fehlerquellen während der Biopsie

Nach der Applikation des Lokalanästhetikums gilt, dass die Patientinnen schmerzfrei sein sollen. Dabei ist zu beachten, dass die bildgebende Darstellung des Herdbefundes durch das Lokalanästhetikum nicht behindert werden darf. Gerade bei Befunden < 5 mm kann durch eine peritumorale Applikation des Lokalanästhetikums dessen Reproduzierbarkeit verschleiert werden. Nach unserer Erfahrung sind eine Quaddelung an der Inzisionsstelle sowie eine subkutane, fächerförmige Unterspritzung unter Ultraschallsicht um das Biopsieareal ausreichend.

Positioniert man eine Stanzbiopsienadel unter sonographischer Steuerung, empfiehlt es sich, den Schallkopf fest auf den Befund zu fixieren. Die Nadel folgt dem Schallkopf. Der Schallkopf folgt nicht der Nadel! Liegt die Nadel dann vor dem Befund, kann durch Drehen des Schallkopfes um 90° die Nadelposition in der zweiten Ebene überprüft werden.

Die "innere Palpation" mit der Nadel an der suspekten Läsion vor Nadelabschuss dient nochmals der Überprüfung der korrekten Nadelpositionierung.

Um einen nicht repräsentativen "Streifschuss" zu vermeiden, sollte die Nadel über die gesamte Länge des Ultraschallmonitors abgebildet sein und vor dem Herdbefund liegen. Eine Überprüfung der Nadelposition nach Abschuss in 2 Ebenen beweist die repräsentative Biopsie. Eine Bilddokumentation wird dringend empfohlen!

Führt man die Nadel zu steil zum Schallkopf in die Brust ein, kann die Nadel nicht komplett vom Ultraschall erfasst werden. Die parallele Führung der Nadel zum Schallkopf garantiert die optimale Nadeldarstellung.

Bei der Anzahl der zu entnehmenden Biopsiezylinder, je nach Biopsietechnik, sollte man sich grundsätzlich an die Empfehlungen der Leitlinien halten [3-5].

Tab. 1: Mindestanzahl der zu entnehmenden Gewebszylinder

Biopsiemethode Mindestanzahl der Gewebszylinder


Sonographische SB 14G 5
Sonographische VB 11G 10
Sonographische VB 8G 6
Stereotaktische VB 11G 20

Wurde ein hochsuspekter Befund mit großvolumigen Nadeln komplett exzidiert, ist es zwingend notwendig, im Falle der Malignität seine Lage reproduzieren zu können. Durch die postinterventionelle Markierung mittels eines Clips ist ein sicheres Auffinden der alten Biopsiehöhle unkompliziert.

Zur Vermeidung schmerzhafter Hämatome, gerade nach großvolumigen Vakuumbiopsien, sollte postinterventionell Kompression auf die Punktionsstelle ausgeübt werden. Mit der flachen Hand ist der Druck auf eine zu große Fläche verteilt und damit uneffektiv. Bittet man die Patientin nur mit dem Daumen der ipsilateralen Seite Druck auf das Punktionsbett für 10 Minuten auszuüben, lassen sich solche Hämatome meist vermeiden. Darüber hinaus werden die Arme der Patientin bei dieser Kompressionstechnik nicht ermüden.

Fehlerquellen nach der Biopsie

Die problematischste Fehlerquelle ist der unkritische Umgang mit einer benignen Histologie [6]. Sollte die Korrelation zwischen bildgebender Verdachtsdiagnose und dem histologischen Ergebnis nicht gegeben sein, ist das weitere Prozedere interdisziplinär festzulegen. Deshalb ist eine genaue Dokumentation zu fordern. Aus der Dokumentation sollte u. a. klar hervorgehen, ob es sich um eine repräsentative Biopsie gehandelt hat und welche Verdachtsdiagnose vermutet worden ist. Die AG MiMi hat hierzu in Anlehnung an die histologische B- und bildgebende BIRADS-Klassifikation eine cB-Klassifikation definiert. Diese Klassifikation hat das Ziel eine präinterventionelle Dignitätseinschätzung abzugeben. Dabei werden nicht nur die bildgebenden, sondern auch die klinischen Befunde sowie weitere Risikofaktoren mit bewertet.

Tab. 2: cB-Klassifikation: präinterventionelle Einschätzung eines Herdbefundes unter Einbezug der klinischen Untersuchung, Bildgebung und weiterer Risikofaktoren

cB-1 Normales Brustgewebe
cB-2 Benigner Befund
cB-3 Unklarer Befund
cB-4 Suspekter Befund
cB-5 Maligner Befund

Um einen Fehler bei der Beschriftung von Präparatetöpfchen zu vermeiden, sollte jede Patientin ihren Namen auf dem Etikett lesen und bestätigen. Verwechslungen dürfen in dieser Prozesskette nicht passieren!

Um den Transportweg zwischen operativer Einrichtung und Pathologie klar nachvollziehen zu können, ist das Gegenzeichnen durch den Kurier sinnvoll. Ein Verlust des Präparates, hat einen erneuten Eingriff zur Folge. Sollte ein Präparat einmal nicht in der Pathologie eintreffen, ist es sinnvoll die Stationen der Transportkette lückenlos nachvollziehen zu können.

Für die Mitteilung histologischer Befunde benötigen Arzt und Patientin genügend Zeit und Ruhe. Die Patientinnen sind oftmals sehr angespannt und sensibel. Gerade bei der Mitteilung maligner Befunde sind Störungen (Piepser, Telefonate etc.) unangebracht.

Die histologische Sicherung von Mammabefunden kann mit minimalinvasiven Techniken komlikationsarm und gewebeschonend durchgeführt werden. Es erfordert jedoch eine hohe Expertise, um kleinste Befunde der Brust mit hoher diagnostischer Sicherheit minimalinvasiv zu biopsieren.

Literatur

  • Hahn M et al. Is a Handheld Mammotome® Suitable for the Complete Removal of Benign Breast Lesions? Geburtsh Frauenheilk, 2004; 64: p. 719-722.
  • Krainick-Strobel U. Die Ultraschall (US)-geführte Vakuumbiopsie (VB) der Brust: Entwicklung eines Simulationsmodells, Auswertung von Patientinnenuntersuchungen, Erarbeitung des Indikationsspektrums und Konsensusempfehlung zur Anwendung der Methode. Geburtsh Frauenheilk 2005; 66.
  • Schulz KU, Albert et al. Stufe-3-Leitlinie Brustkrebs-Früherkennung in Deutschland 2003, Muenchen: W. Zuckerschwerdt Verlag.
  • Heywang-Kobrunner SH et al. Interdisciplinary consensus on the use and technique of vacuum-assisted stereotactic breast biopsy. Eur J Radiol, 2003. 47 (3): p. 232-6.
  • Krainick-Strobel U et al. Konsensusempfehlung zu Anwendung und Indikationen der Vakuumbiopsie der Brust unter Ultraschallsicht Senologie 2005. 2: p. 73-76.
  • Ohlinger R. Invasive Mammadiagnostik 2002, Berlin, New York: de Gruyter Verlag.